Es gibt gewisse Autos, von denen erwartet man noch vor dem allerersten Platznehmen und Starten des Motors jene Mischung aus Präzision und Fahrfreude, aus Kurvenexaktheit und gerne auch motorischer Dominanz. Dazu ein Hauch Mythos und Historie. Charisma? Warum nicht. Der VW Golf GTI ist so ein Kandidat. In knapp fünfzig Jahren und acht Generationen ist er vom 110-PS-Halbstarken zum 265-PS-Gentleman gereift. Wenige drei Buchstaben sind berühmter als diese.
Schön und gut, aber was hat das bitte mit einem Reifentest zu tun? Ganz einfach: Sehr fähige Autos brauchen auch sehr fähige Reifen. Denn ohne perfekt zugeschneiderte, wohlausgesuchte Gummis würde auch ein Kurvenkünstler wie der GTI nur fahrdynamische Hausmannskost liefern. Zwar sagt man, dass ein Golf mit so ziemlich jedem Reifen zurechtkommt, aber genügt das einem GTI-Piloten? Nein, tut es nicht. So oberflächlich, unterstellen wir mal, ist er nicht. Er will, dass Lenkeinschlag und Rückmeldung von der Straße exakt zueinander passen. Dass Kurven nicht als Last, sondern als Einladung gesehen werden – auf die nächste Kurve. Dass eine Vollbremsung Ohren und Seitenscheitel nach vorne klappen lässt. Dafür braucht’s den richtigen Partner.
Es ist also fast schon eine Verpflichtung, einem Potentaten wie dem GTI was Ordentliches zu spendieren, das Beste, was die renommierten Reifenhersteller in dem Segment zu bieten haben. Dass das nicht zu viel verlangt ist, hat zum Beispiel der Continental SportContact 7 bewiesen. Immer wieder, über Jahre, mit nahezu gesichertem Logenlatz auf dem Siegertreppchen. Das Geheimnis von „Number Seven“ ist die überlegene Nässetauglichkeit, die auf regennassen Pisten regelmäßig erstaunte Gesichter hinterlässt. Und das sind keine Fake News: 2022 bremste der Conti im GUTE FAHRT-Test, ebenfalls auf einem Golf GTI, in der ab Werk bestellbaren Dimension 235/35 R 19 in sagenhaften 34,39 Metern von Tempo 100 auf Null. Auf Nässe, wohlgemerkt.
Aber das war gestern. Steigen wir heute ein in unseren aktuellen Sommerreifentest in der bei GTI & Co. beliebten Options-Größe 225/40 R 18. Eine wohlgewählte Dimension – nicht so zurückhaltend wie die serienmäßigen Pneus in 225/45 R 17 und andererseits nicht so omnipräsent wie die fetten 235/35er in 19 Zoll. Die goldene Mitte sozusagen. Zur Testkür treten acht Gummi-Athleten mit klangvollen Namen an, sozusagen das who-is-who der Reifenbranche.
Als Referenz der Altmeister Conti SportContact 7, dazu der Bridgestone Potenza Sport, der Goodyear Eagle F1 Supersport, der Hankook Ventus S1 Evo 3 (inzwischen ersetzt durch Hankook Ventus Evo), der brandneue Kumho Ecsta Sport, der Maxxis Victra Sport 5, der Michelin Pilot Sport 5 sowie der Vredestein Ultrac Pro.
Los geht’s mit den Bremsversuchen
Steigen wir jetzt also virtuell ins Cockpit des GTI ein. Auf der bewässerten Nassbremsstrecke, hier auf dem Testgelände im emsländischen Papenburg, rollt der Power-Golf zügig heran. Der Fahrer tritt in die sprichwörtlichen Eisen, das ABS vibriert leise vor sich hin, die Messelektronik erfasst exakt den Bremsweg von Tempo 80 bis zum Stillstand. Dann Abkühlrunde und gleich wieder dasselbe Prozedere. Bremsen, abkühlen lassen, erneuter Angriff. So lange, bis alle Daten plausibel und statistisch sicher sind. Der Golf kehrt zurück in die Montagehalle, bereit zum Wechsel für den nächsten Reifen-Kandidaten. Nach acht Durchgängen wissen wir, was Sache ist. Zugegeben, die Erwartungshaltung war: Der Nässekönig aus Hannover haut sie wohl wieder alle in die Pfanne.
Doch nein, der Conti landet mit 24,5 m im Mittelfeld, muss sich der Konkurrenz von Michelin (24,4 m), Goodyear (24,2 m), Bridgestone (23,6 m) und Kumho (23,1 m) geschlagen geben. Wie bitte? Doch die Messschriebe sind eindeutig. Pikantes Nebendetail: Während der etwas überraschende Nassbrems-Beste Kumho gerade eben steht, rauscht der Conti in diesem Moment mit immerhin noch 19,1 km/h weiter. Das ist, physikalisch gesehen, recht viel. Hankook und Maxxis glänzen gleichfalls nicht, der Vredestein markiert mit 26,8 m oder knapp 30 km/h Restgeschwindigkeit das Schlusslicht.
Wechseln wir rüber zur Trockenbrems-Strecke. Hier wird bei Tempo 100 der Anker geworfen, die Vorgehensweise ist sonst völlig identisch wie beim Nassbremsen (dort waren es aber 80 km/h Ausgangsgeschwindigkeit). Drei Teilnehmer landen mit 33,6 (Bridgestone), 33,9 (Goodyear) respektive 34,1 (Conti) Metern Bremsweg wirklich hervorragende Werte. Doch Moment mal – hieß es nicht vorhin, dass vor drei Jahren das Niveau solcher Trockenbremswege sogar auf Nässe erzielt wurde? Ist das nicht eher ein herber Rückschritt, gerade in puncto Fahrsicherheit? Zugegeben: Diese scheinbare Diskrepanz kann verwirren. Der Grund liegt zum einen an der etwas breiteren Reifendimension, vor allem aber am Wechsel des Testgeländes. Wie auch auf öffentlichen Straßen sind der Asphalt und damit der Reibbeiwert, sprich: die Haftungsgüte, unterschiedlich. Auch die Umgebungsbedingungen (Temperatur Luft und Boden, Luftdruck und -feuchte) spielen eine Rolle, wenn auch nur untergeordnet. Die Reihenfolge der Testergebnisse bleibt aber stets gleich – nur eben auf anderem Level.
Wann gibt es den besten Grip?
Teststrecken verschleißen durch den starken Betrieb mit der Zeit. Deshalb wird der Asphalt regelmäßig überprüft und bei Unterschreiten eines Haftungs-Grenzwerts erneuert. Hier gilt es, praxisnahe Reibbeiwerte einzustellen. Am „griffigsten“ ist Asphalt übrigens in der ersten Stunde nach einem kräftigen Regenguss: Die „Täler“ im Mikro-Asphaltgebirge sind dann von Staub, Brems- und Reifenabrieb reingewaschen. Ist die Straße nun trocken, kann sich der Reifen so vorübergehend besser mit den Spitzen des Asphalts verzahnen. Ein Haftungs-Plus auf Zeit.
Zurück zur Trockenbrems-Prüfung. Stufenweise liefern die übrigen Kandidaten etwas schlechtere Ergebnisse ab. Doch selbst der Tabellenletzte, der Vredestein, legt mit 35,6 m einen nur rund zwei Meter längeren Bremsweg hin als der Beste und erreicht so einen absolut akzeptablen Wert. Es kann aber leider nur einen Sieger geben. Nun könnte man als Außenstehender anmerken: Okay, was machen schon die zwei Meter Bremsweg-Unterschied? Was bedeutet das für die Praxis und nicht bloß für das Testergebnis? Auch hier erhellt ein Blick in die Restgeschwindigkeiten, diese drücken unmittelbar die immens hohen kinetischen Energien aus, die ein weiterbremsender Reifen innehat. Es macht durchaus einen Unterschied, ob ein 1,5-Tonnen-Pkw bereits steht oder mit 15, 20 oder gar 30 km/h in ein Hindernis kracht. Und es zeigt schonungslos, welche Hersteller das Konzert der Haftungskräfte derzeit am besten dirigieren.
Handling – die Königsdisziplinen
Und weiter geht’s, das Testpensum ist schließlich dick gepackt. Nächste Disziplin: das Nasshandling. Diese Prüfung stellt immer noch die heimliche Königsdisziplin eines jeden Reifentests dar. Denn hier kommen alle Stärken, aber auch Schwächen ungefiltert ans Tageslicht. Hier geht es um Nassgriff, um Lenkpräzision, um Beherrschbarkeit im Grenzbereich und Reserven jenseits der Haftgrenze. Wer hier brilliert, vermittelt im „wahren Leben“ jenseits des Testgeländes nicht nur das beruhigende Gefühl überlegener Fahrsicherheit, sondern auch, ja – Fahrfreude. Kritiker werfen oft ein, dass beim Nass-, aber auch beim Trockenhandling, im praxisfernen Renntempo auf abgesperrten Strecken nach Besonderheiten und Auffälligkeiten des Reifens gesucht werde, die auf der normalen Straße doch nie in Erscheinung träten. Nun, diese Kritiker haben vollkommen Recht! Denn genau das tun wir. Wir suchen nach Stärken und Schwächen, die sonst nicht oder nur in abgeschwächter Form auftreten würden. In brenzligen Situationen aber, hervorgerufen durch Dritte, aber auch durch eigene Fehlein- oder Selbstüberschätzung sind es diese sonst unentdeckten stillen Reserven, die einen weniger versierten Fahrer noch aus der Situation retten können.
Und siehe da, der beim Nass-Bremsen noch unerwartet schwächelnde Conti läuft hier wieder zur Hochform auf. Druckvoll und souverän bügelt er durch die künstlich beregneten Kurven, vermittelt zu jeder Zeit ein sattes Gefühl der Fahrsicherheit. Wer es als Normalfahrer auf nasser Straße dann nicht übertreibt, hat ein echtes Sicherheits-Plus im Rucksack. Doch der King of Rubber wird plötzlich von der Seite angestupst, der Kumho hängt ihm frech und ebenbürtig auf den Fersen. Der Koreaner lässt sich kaum abschütteln – weder im Rückspiegel noch in den Eindrücken der Fahrdynamik. Nummer Eins hat Konkurrenz auf Augenhöhe bekommen, die Gummimischung des Kumho funktioniert offensichtlich hervorragend auf nassem Asphalt. Wir lernen: Auch andere Reifenhersteller haben inzwischen jenen Zaubertrank genommen, den einst Conterix zum Unbesiegbaren machte.
Und die Wettbewerber? Auch dazugelernt und zur Hatz auf den Conti geblasen? Nun – nicht ganz. Oder konkret: nein. Mit einigem respektvollen Abstand heimsen Hankook, Goodyear und Bridgestone ein „gut“ ein. Aber gut ist eben nicht sehr gut, und noch hält der Conti, assistiert von Neuling Kumho, die Verfolger klar auf Schlagdistanz. Relativ leicht fällt ihm das sogar mit Michelin, Maxxis und vor allem Vredestein. Diese fühlen sich auf Nässe nicht ganz so wohl, erfordern mehr Aufmerksamkeit, lassen die Verspieltheit des Conti, aber auch die des Kumho vermissen. Selbst der sonst so nässetaugliche Bridgestone findet seine Linie nicht sofort: Er schiebt mal etwas vorne, drückt mal hinten leicht über die Räder. Das geht zwar in der Bewertung noch mit der Note „gut“ durch, aber wir haben schon Besseres erlebt.
Weiter zieht der Tross, hin zum Trockenhandling-Gelände. Dieses ist weitläufiger, weniger eng als der Nasshandlingkurs. Und deutlich schneller. Es ist immer wieder beeindruckend, was diese – ja, es klingt abgedroschen, aber es ist schlicht zutreffend – vier gerade mal postkartengroßen Reifenaufstandsflächen für eine unglaubliche Haftungskraft produzieren. Der Gummi dieser acht sehr sportlichen Reifen klebt förmlich auf dem Asphalt. Das tut er übrigens wirklich, denn auf trockener Fahrbahn produziert Reifengummi sogenannte Adhäsionskräfte, die mit dem Asphalt elektrostatische Verbindungen eingehen. Eine Art Pattexeffekt? Warum nicht, kann man so sehen.
Hinzu kommen noch Hysteresekräfte, Verzahnungseffekte im Mikro- und im Makrobereich des Asphalt-Gebirges. Klingt kompliziert? Ist es auch. Macht aber nichts, es funktioniert ja, immer und zuverlässig. Wenn man es dann doch übertreibt, dann geht der Reifen von Haft- in Gleitreibung über und kurz darauf geht’s ab in die Wiese (im günstigsten Fall). Oder man entdeckt den Rallyefahrer in sich und bewegt sich mit Vorliebe in diesem Grenzbereich.
Um den geht es auf dem Trockenhandling-Parcours ganz besonders. Da gibt es etwa sehr lange Geraden, und wenn der Handlingfahrer die 265 PS des GTI laufen lässt, stehen auf dem Tacho schnell mal 180 km/h an, bevor es mit einem heftigen Brems- und Lenkmanöver in eine deutlich langsamere Rechts-Links-Kombination geht. Weiter vorne lauern dann schwingende, hängende oder sich fies zuziehende Kurven. Alles dient nur dem Zweck, Reifen und Auto an die Grenzen zu bringen. Wieder steht der unsichtbare Mister X im Raum und fragt, wozu das alles? So fährt doch kein normaler Mensch, ihr seid doch nicht ganz dicht. Dicht sind wir schon. Und das Ganze macht absolut Sinn: Es gilt, maximal schnell und in jeder Runde reproduzierbar allen Reifen tief in die Karten zu schauen. Klare Sache: Reifen, die diese Extrem-Tortur mit Bravour überstehen, bieten im Alltag genau jene Reserven, die es braucht, um Unfallsituationen zu entschärfen. Und ja, auch um sich zum Fahrspaß zu bekennen, auch wenn der aktuelle Mainstream das gar nicht so gerne registriert. Doch für den Spaß am Autofahren braucht es gar nicht das Tempo wie auf dem Handling-Parcours, das funktioniert auch innerhalb der STVO-Limits. Versprochen.
Kommen wir zu den Ergebnissen: Den überzeugendsten Grip-Booster haben Goodyear, Kumho, Conti und Bridgestone im Gepäck, mit leichtem, aber dennoch spürbaren Vorteil für Goodyear und Kumho. Alle vier sacken die Wertungskarte mit der Aufschrift „sehr gut“ ein.
Das Mittelfeld dahinter setzt sich aus Maxxis, Vredestein und Michelin zusammen, der Hankook gibt sich im Kurvenverlauf etwas spröde und Grip-bockig, er mag es einfach nicht, so getrieben zu werden. Das ist okay, aber rechtfertigt in Testers Augen nur ein „befriedigend“.
Wer krault am besten durchs Wasserbecken?
Werden wir noch einmal spektakulär und jagen die erfolgshungrigen Acht durchs Längs-Aquaplaningbecken. Das ist sieben Millimeter tief gefüllt mit Wasser. Das ist deutlich mehr als üblicherweise auf regennassen Landstraßen oder Autobahnen. So schwimmen die Reifen aber merklich früher auf, meistens in einem Fenster zwischen 70 und 80 km/h. Hoch und breit setzt sich eine mächtige Wasserfontäne in Szene, der Fotograf ist happy. Gut, man könnte den Test theoretisch auch bei nur 2 mm Wassertiefe durchführen, aber dafür bräuchte es nicht nur wesentlich längeren Anlauf, die Aufschwimmgeschwindigkeit wäre zudem viel höher. Und der Testfahrer würde sich bedanken, weil er sich damit in zugegebenermaßen nicht ungefährliche Geschwindigkeitsbereiche begeben müsste.
Machen wir aber nicht, die 7 mm haben sich bewährt. Die Messtafel wirft als Aqua-König knapp den Michelin aus, die übrigen sieben reihen sich in nur geringen Abstufungen dahinter ein. 1,8 km/h liegen zwischen Aufschwimm-Meister und Letztem – ein sehr erfreuliches Ergebnis. Doch aufgepasst: Das gilt nur für Neureifen, nach einer oder zwei Saisons sinkt das Niveau mit abnehmender Profiltiefe deutlich!
Und in der Kurve, also beim sogenannten Quer-Aquaplaning? Flop oder top? Hier spreizen sich die Ergebnisse schon deutlicher. Wieder setzt sich der Michelin in Szene, diesmal sogar recht eindeutig – erst bei 78 km/h reißt in der überfluteten Kurve dessen Querhaftung ab. Das restliche Feld sackt peu à peu bis auf 72,2 km/h (Conti) ab. Zweiter Patzer des SportContact 7 also. Ob’s ihn tröstet? – das Quer-Aquaplaning geht nur mit fünf Prozent in die Gesamtwertung ein.
Apropos 5%: warum hier so wenig und beispielsweise beim Bremsen so viele theoretisch mögliche Zähler? Das hat zu tun mit „Relevanz und Statistik“. Will heißen: Bremsmanöver, nass wie trocken, sind einfach viel bedeutsamer für die Fahrsicherheit – auch weil Autofahrer oft durch äußere Umstände gezwungen sind, maximal aufs Bremspedal zu steigen. Beim Quer-Aquaplaning hingegen, also zum Beispiel in zu forsch durcheilten, pfützengespickten Autobahnausfahrten, ist der Chauffeur eher selber schuld an der Misere, weil er schlicht zu schnell unterwegs war. Und: Solche Notsituationen kommen nicht so häufig vor wie Panikbremsungen. Beim Längsaquaplaning bewerten wir mit immerhin 10%, da andere Autofahrer in Mitleidenschaft gezogen werden könnten, wenn das eigene Fahrzeug aufschwimmt. Auch sind die Unfallfolgen „längs“ nicht selten heftiger als „quer“.
Leisetreter und Raubeine
Kommen wir nun zu den Qualitäten – oder Schwächen – der acht Testkandidaten, die alltäglich und bei jeder Fahrt erlebbar sind. Gemeint sind Innengeräusch und Abrollkomfort auf guten und schlechten Fahrbahnen. Das Innengeräusch messen wir bei 60 km/h Rollgeschwindigkeit und ausgekuppeltem Motor in dB(A) auf unterschiedlichen Fahrbahnbelägen. Die dabei ermittelten, absoluten Werte sind natürlich in erster Linie von der Oberflächenbeschaffenheit der Straße und vom Testwagen abhängig. Auf Kopfsteinpflaster poltert es selbstverständlich lauter als auf Flüsterasphalt. Deshalb schauen wir hier speziell auf das Verhältnis der Testkandidaten zueinander auf identischen Testbahnen.
Am leisesten rollen sowohl auf feinem als auch auf grobem Asphalt der Hankook und der Maxxis ab, erhalten deshalb ein „sehr gut“. Mit nur geringem Abstand reihen sich danach Kumho, Conti, Bridgestone, Michelin und Vredestein ein – allesamt „gut“. Einzig der Goodyear fällt im direkten Vergleich mit seinen Kontrahenten durch tendenzielle Lautsprecherei auf und muss sich mit einem „befriedigend“ abfinden.
Der Abrollkomfort wird dagegen rein subjektiv ermittelt. Dafür standen uns auf dem Testgelände in Papenburg Fahrbahnen mit ausgeprägten Beton-Querfugen, Frostaufbrüchen oder auch Kopfsteinpflaster zur Verfügung. Mit einem „sehr gut“ meistern diese Aufgaben der Hankook, der Bridgestone und der Maxxis. Alle drei überzeugen mit sehr guter Eigendämpfung, nur ganz geringen Einlenkgeräuschen und sanftem Abfedern. Der Maxxis nimmt zudem Autobahnquerfugen besonders stilvoll. Mit kleinem Abstand folgen dem Spitzentrio die komfortablen Michelin und Kumho, der etwas raubeinigere Conti sowie der manchmal etwas rappelnde Vredestein – allesamt mit „gut“ bewertet. Der Goodyear präsentiert sich als einziger im Feld ruppig, ist rau, ein wenig poltrig und gibt harte Schläge nur wenig gefiltert weiter.
Insgesamt betrachtet sind die Ergebnisse allerdings für ausgewiesene Sportreifen durchaus bemerkenswert, denn die Interessenten für diese Reifengattung sind dann doch in der Regel eher an einem herausragenden Grip- und Handling-Niveau interessiert.
Grip und Zeitgeist
Die letzten beiden Test-Disziplinen werden allein auf Rollenprüfständen absolviert: Da ist zum einen der Schnelllauf, den übrigens alle Kandidaten anstandslos überlebten, und der Rollwiderstand. Letzterer steht heutzutage besonders stark im Fokus, da dieser auch direkt Einfluss auf den Kraftstoff-Verbrauch des Fahrzeugs hat. Klar, dass insbesondere die Automobilindustrie hier mit Argusaugen darauf achtet, dass bei der Erstausrüstung nur besonders rollwiderstandsarme Reifen aufgezogen werden, da jedes Gramm CO2-Äquivalent zählt. Gemessen wird der Rollwiderstand in kg/t bei 80 km/h. 20 bis 30 Prozent Unterschied bei den ermittelten Werten können in der Praxis dann durchaus 0,3 bis 0,5 Liter Mehr- oder Minderverbrauch pro 100 Kilometer ausmachen.
Besonders gut schlugen sich für eher grip-orientierte Sportreifen in dieser Disziplin der Michelin (8,86 kg/t) und der Conti (8,89 kg/t), Bridgestone und insbesondere der Goodyear konnten mit Werten deutlich über 10 kg/t hier nur ein „Befriedigend“ einfahren.
Kompakt bewertet
Der Conti SportContact 7 und der VW Golf GTI sind nach wie vor ein Dream-Team. Die Performance des Conti speziell beim Nasshandling, aber auch bei der Trocken-Variante ist nach wie vor beeindruckend. Und als Zweitbester beim Rollwiderstand relativiert der Conti das physikalische Gesetz, dass sich hoher Nassgrip nur mit hohem Rollwiderstand erkaufen lässt. Überraschenderweise gibt er sich beim Nassbremsen wiederum eine Blöße, und auch beim Quer-Aquaplaning ist er nicht das Maß der Dinge. Doch in der Gesamtschau ist und bleibt der Conti State of the Art.
Den Platz auf dem Siegertreppchen hat sich der Potenza redlich verdient. Gerade in den punkteträchtigen Fahrsicherheitskapiteln Bremsen trocken und nass überzeugt der Bridgestone mit Bestwerten. Das Trockenhandling liegt ihm ebenfalls, bei der Nass-Variante liegt er nicht ganz on top. Angenehm in Komfort und Geräusch. Rollwiderstand nicht ganz zeitgemäß. Insgesamt ein mehr als guter Allrounder, der durch Ausgewogenheit überzeugt.
Kumho zählte bislang nicht zur absoluten Premiumklasse der Reifenhersteller. Mit dem neuen Ecsta Sport hingegen haben die Koreaner mit Wucht ihre Eintrittskarte auf den Tisch geknallt. Praktisch alle Disziplinen, nass wie trocken, absolviert der Quereinsteiger mit guten bis sehr guten Ergebnissen, er ist klar der Überraschungs-Star dieses Tests. Wenn Kumho dieses Leistungsniveau in der Serie halten kann, ist die Szene um einen Top-Reifen bereichert.
Dem Namen verpflichtet! Wie kein anderer setzt der Goodyear demonstrativ auf Sportlichkeit. Das Trockenhandling liegt ihm wie keinem der Mitstreiter, auch beim Trockenbremsen setzt er sich eindrucksvoll in Szene. Auf Nässe reicht er äußerst dicht an das Niveau der Besten heran. Dass er bei Geräusch und Komfort deutlich Federn lässt, wird puristische Sportfahrer kaum abschrecken. Das dürfte auch für den erhöhten Rollwiderstand und damit geringfügig vermehrten Spritverbrauch gelten.
Der Pilot Sport ist der klare Anführer des Mittelfelds dieses Tests – aber genügt das den eigenen Ansprüchen einer so berühmten Reifenmarke wie Michelin? Der Franzose vermag sich außer bei den Aquaplaning-Disziplinen nicht so wirklich in Szene zu setzen – dieses etwas reduzierte Leistungsbild fällt aber nur im direkten Vergleich auf. Für sich betrachtet ist der Michelin ein angenehm zu fahrender Touringreifen, untermalt durch den Bestwert beim Rollwiderstand. Ein Sportreifen per Definition ist er eher nicht.
Den Maxxis hatten wir in einem früheren Test bereits als überraschend konkurrenzfähig kennengelernt. Und tatsächlich überzeugt er auch dieses Mal bei Trockenhandling und -bremsen. Nass hingegen duckt er sich etwas weg, erzielt nur befriedigende Bewertungen. Dies und der vergleichsweise hohe Rollwiderstand deuten auf eine noch nicht ganz ausgereifte Laufflächenmischung hin. Top jedoch bei Innengeräusch und Komfort!
Ventus ist lateinisch und bedeutet Wind. Doch Koreaner Nummer zwei wirbelt zumindest in diesem Test die Konkurrenz nicht durcheinander. Die forcierte Gangart des Trockenhandlings liegt dem Ventus nicht besonders, die Sportlichkeit eines Goodyear oder Conti ist nicht sein Ding. Nass gebremst und gehandelt vermag er hingegen durchaus zu überzeugen. Und wie der Maxxis trumpft er bei Komfort und Geräusch richtig auf: ein im Alltag angenehmer Geselle, gepaart mit relativ niedrigem Rollwiderstand.
Wie sag ich’s meinem Kinde? Der auf seine Art sympathische Holländer kann in diesem Wettstreit der weltbesten Sportreifen schlicht nicht mithalten. Hält er sich beim Trockenhandling noch wacker, wird er bei allen anderen wichtigen Disziplinen nach hinten durchgereicht. Er bräuchte eine Frischzellenkur, um wieder vorne mitspielen zu können. Das Potenzial ist im Eindhovener Entwicklungszentrum definitiv vorhanden.
Fazit – die Konkurrenz schläft nicht!
Haben wir es hier also mit einem Generationswechsel zu tun? Halten wir fest: Der Conti SportContact 7 ist immer noch erste Wahl, wenn es um die bestmögliche Bereifung sportlicher Fahrzeuge geht. Speziell das Nasshandling ist wie eh und je seine Kernstärke. Doch pikanterweise beim punkteträchtigen Nassbremsen belegt er nur einen Mittelplatz. Das liegt nicht daran, dass der Conti dieses so wichtige Manöver nicht mehr beherrscht – nur haben die Mitstreiter erkennbar aufgeschlossen. Und ausgerechnet der neueste Wurf eines Konkurrenten von unerwarteter Seite bedrängt ihn deutlich: Der Kumho überzeugt in nahezu allen Disziplinen mit sehr guten oder guten Ergebnissen.
Doch auch die Branchengiganten Bridgestone und Goodyear demonstrieren eindrucksvoll hohe Reifenbaukunst: Der Eagle F1 Supersport ist seinem Namen verpflichtet und gewinnt mit überragendem Trockenhandling die Herzen der Lenk-Enthusiasten; der Potenza Sport zeigt seine ganze Stärke beim Trockenbremsen – Bestwert.
Michelin, Hankook und Maxxis müssen zumindest in diesem Test ein wenig Federn lassen. Sie sind zwar empfehlenswerte und starke Kaufoptionen, lassen jedoch etwas die Ausgewogenheit der Testbesten missen. Immerhin outet sich der Michelin Pilot Sport 5 als Aquaplaning-Experte. Und selbst der Vredestein Ultrac Pro ist, absolut betrachtet, ein Reifen, mit dem man viel Freude haben kann. Nur im direkten Vergleich fällt auf, dass er nicht ganz an den Entwicklungsstand der Wettbewerber heranreicht. So ist das Spiel, das Reifentest heißt.
Bleibt zuletzt noch ein Blick auf die Preise: Maxxis und Vredestein liefern mit Kosten von ca. 81 respektive 85 Euro pro Reifen die günstigsten Angebote, der erfahrungsgemäß besonders haltbare Michelin mit rund 121 Euro pro Pneu die teuerste Alternative. Als Preis-Leistungs-Sieger dürfen sich der brandneue Kumho (ca. 90 Euro) und der Bridgestone für etwa 98 Euro fühlen, da beide die Gesamtnote „Sehr gut“ einheimsen konnten.
Zeit, die Siegertribüne aufs Testgelände zu schieben. Am Ende teilen sich gleich drei Kandidaten die virtuelle Krone. Der neue Kumho hat sich mit mehr als überzeugenden Einzelleistungen, der eher unauffällige Bridgestone mit starker Ausgewogenheit an die Spitze vorgearbeitet. Gütesiegel-Gewinner Nummer drei ist der siegverwöhnte, doch nicht mehr durchgehend glänzende Conti: Nassbremsen und Quer-Aquaplaning entlocken ihm nur Mittelprächtiges. Der Goodyear wäre prinzipiell Nummer vier in der Ehrenloge geworden – doch seine Defizite bei Geräusch und Komfort sowie beim Rollwiderstand konterkarieren dessen höchst sportliche Tugenden zu sehr. Dieses „Drei plus eins“- Ensemble können wir allen Sportreifen-Suchenden also ans Herz legen – jeder Pneu hat seinen ganz eigenen Charakter, den wir in den Einzelbewertungen unter den Profilfotos herausgearbeitet haben. Der Kunde hat die Qual der Wahl.
Eins ist aber auch klar: In Hannover wird sicher längst am SportContact 8 getüftelt, und auch in den Labors der Konkurrenten weltweit dürfte Hochbetrieb herrschen. Das Reifen-Roulette der besten Gummis, es dreht sich beständig weiter.
Text: Dirk Vincken und Joachim Fischer
Fotos: Dirk Vincken
Was meinen Sie, liebe Leser? Wie gefällt Ihnen unsere Herangehensweise? Vermissen Sie etwas bei unserem Reifentest? Sagt Ihnen unser Gewichtungsschema zu? Was ist Ihnen wichtig? Wie sehr stellen Sie selbst den Einfluss des Reifens auf den Charakter Ihres Fahrzeugs fest? Schreiben Sie uns Ihre Meinung unter info@die-reifentester.de